Das war’s also…

Es ist vorbei. Endlich. Ein Meilenstein. Es war ein großer Fels den zu bezwingen ich zeitweise angezweifelt habe.

Aber ich habe es geschafft – und es war am Ende auch eigentlich gar nichts großartig besonderes…

First Solo

Als „First Solo“ bezeichnen angehende Piloten den ersten, wirklichen Alleinflug. Also starten, fliegen und landen alleine. Ohne Fluglehrer. Der bleibt am Boden.

Während meiner seit nun ca. einem Jahr dauernden (Corona sei Dank) Ausbildung zur Sport Pilot Licence – Aerodynamic (SPL-A) bin ich inzwischen rund 35+ Stunden geflogen und dabei ca. 80x gelandet. Immer dabei: mein Fluglehrer rechts neben mir.

Routine as usual – Fliegen in Platzrundenhöhe mit fast Reisegeschwindigkeit…

Anfangs übernahm er die „Landearbeit“ zu gut 99%. Im Laufe der Zeit übernahm ich dann immer mehr. In den letzten vier Wochen war es nunmehr so, dass ich alleine die Starts und Landungen durchführte. Mein FI (flight instructor) saß daneben und war halt immer bereit im Notfall einzugreifen, sollte ich ein Problem bekommen. Das war bis vor wenigen Wochen auch noch hin und wieder mal der Fall, z.B. wenn ich im Anflug zu langsam war oder bei Start und Landung mal wieder die gesamte Pistenbreite ausnutzen wollte.

In den letzten vier Wochen aber nicht mehr. Und so war es natürlich logische Konsequenz, dass er mich schon mal auf das was da kommt, einstimmte: „Ich denke Du solltest bald mal Deinen first solo machen… Du bist nämlich so weit. Wir müssen ja auch mal weiter kommen.“

Auf meine Einwände dass das doch für mich langweilig wäre, niemanden mehr zum unterhalten neben mir zu haben und dass es doch auch ganz gut sei, denn am Boden würde er (der Lehrer) sich doch am Ende auch nur langweilen, ging er interessanterweise nicht wirklich ein.

Jetzt ging es also nur noch darum, diese psychologische Schwelle zu überwinden. Quasi diesen letzten Schritt zu machen, ohne Netz, ohne doppelten Boden…

Am vergangenen Montag, dem 20. September, war es dann so weit. Der kurzfristig angesetzte Termin per WhatsApp:

kannst Du heute fliegen?

„Klar. Wann?“

So in 2 Stunden. Wir treffen uns am Platz

„Ok“

…machte mich schon stutzig aber ich dachte da noch an die günstige Gelegenheit, die das einsetzende gute Wetter brachte.

Wir starteten also und flogen 3 Platzrunden. Alles wie immer doch dann, beim dritten Landeanflug, korrigierte er meine Funkmeldung an den Flugleiter „Korrektur: Oscar Papa Endanflug 08 zur Abschlusslandung“.

Äääh, ok?! Mein fragender Blick bekam die Antwort, dass der zweite Fluglehrer unten warten würde und er jetzt mal kurz dringend was mit ihm besprechen müsste…

Gelandet, FI steigt aus, ich höre beide in einiger Entfernung reden, verstehe aber nichts genaues. Dann steht plötzlich mein anderer Fluglehrer vor der Kabinentür und steigt ein. „Wir fliegen jetzt mal weiter, der Stefan muss noch was erledigen.“

Ja nee, iss klar…

Spätestens bei diesem doch sehr plumpen Manöver zur Einleitung des Cross Checks war mir klar, wohin die Reise jetzt geht. Ein wenig Panik stieg in mir auf – war ich so weit? Würde ich das packen? Sollte ich später sagen, „nee, lieber heute nicht, weil…“. Aber was dann? Irgendwann würde ich dann wieder vor der Entscheidung stehen. Also dann doch lieber heute? Jetzt oder nie?

Wir flogen erstmal los und dabei ordnete ich meine Gedanken. Vielleicht würde mein zweiter Fluglehrer von der Idee mich heute auf den first solo zu schicken auch Abstand nehmen, wenn er sieht, dass ich eben doch noch nicht sicher genug bin? Absichtlich flog ich auf der zweiten Platzrunde bewusst etwas „zu hoch“ in den Queranflug (ich nahm einfach das Gas später zurück). Das brachte mich in die „Bedrängnis“, dass ich im Endteil zu hoch sein würde. Es sei denn – ich slippe.

Also slippte ich – fast bis zur Schwelle der Landebahn, landete und startete wieder durch. Neben mir – kein Kommentar. Außer einem „…da warst Du etwas zu hoch, nee? Reden wir nachher drüber. Aber ansonsten war das gut.“ unterstrichen mit einem Daumen nach oben. Wollte mir da jemand Selbstvertrauen geben?

Es ging in die dritte und letzte Runde „begleitetes Fliegen“.

Auch die dritte Landung, bei der mich der FI darauf hinwies abzurollen, war gut. Jetzt war sonnenklar was nun kommen würde. Daher überraschte es mich auch nicht mehr, als er sich beim Halten mit den Worten „lass den Motor laufen“ aus seinem Gurt befreite.

Du fliegst jetzt alleine. Ist das OK für Dich?

„Ich denke ja.“

Hast Du Angst?

„Nein. Ich bin angespannt. Aber Angst habe ich keine. Eher eine gewisse Nervosität.“

Das vergeht. Also los. So wie immer.

…sagt´s und schließt die Kabinentür von außen. Neben mir, gähnende Leere. Ich sitze alleine im Flieger…

Ich beschloss alle Zweifel im Geiste wegzuwischen und ging „nach Checkliste“ vor, also rollen zum Rollhalt, Magnetcheck (eigentlich unnötig weil der Motor ja nicht abgestellt wurde), Instrumentencheck, Benzinpumpe ein, Klappenstellung auf Startstufe und meldete mich am Funk abflugbereit.

Die Rückmeldung des Flugleiters kam prompt „Wind variabel 2 Knoten„. Also Parkbremse lösen und auf die Piste rollen, ausrichten auf die Centerline und… Vollgas.

Der Flieger, nun also mindestens 75 kg leichter als ich es gewohnt war, stürmte los wie die Angst! Nach gefühlten 50m war das Bugrad oben, nach gefühlt weiteren 20m hob ich ab!

Darauf war ich zwar vorbereitet aber die Realität ist dann doch nochmals anders als die Theorie und die Vorwarnung der gesammelten Fluglehrerschaft.

Alter! Das war Jet-Feeling was das 80 PS Rotax-Motörchen da veranstaltete!

Ein energisches Nachdrücken unterband den Steigflugdrang der FK9 auf ein Minimum und der Hobel nahm Fahrt auf, wie ich es noch nicht erlebt hatte. Wenige hundert Meter nach der Schwelle, noch im Abflug befindlich, entschloss ich mich bereits die Klappen einzufahren und reduzierte die Motorleistung. Das Variometer hatte mit 1.100 ft/m darauf hingewiesen, dass hier gerade Fahrstuhlfahren angesagt war. Das muss ja nun nicht sein.

Bereits vor dem Drehen in den Gegenanflug lag die Platzrundenhöhe an. Wow!

Platzrundenschema, Quelle: Wikipedia; Airfield_traffic_pattern.svg, Thsutton

Was für den Formel-1 Piloten die „lange Gerade“ ist, ist für den Hobby-Piloten der Gegenanflug in der Platzrunde: eine, wenn auch kurze, Möglichkeit mal durchzuschnaufen und sich mit der anstehenden Landung zu befassen.

„Oscar Papa im Gegenanflug Piste 08“

Ich näherte mich dem Wendepunkt zum Eindrehen in den Queranflug und reduzierte daher die Drehzahl des Motors um den Sinkflug einzuleiten. Artig meldete ich wieder meine Position in der Platzrunde und zog am Knüppel um die Fahrt auf Klappengeschwindigkeit zu reduzieren. Positiver Nebeneffekt des Alleinefliegen: der Hebel für die Landeklappen sitzt bei der FK9, wie beim Auto die Handbremse, zwischen den beiden Sitzen. Ist man zu zweit unterwegs muss zur Bedienung desselben der Sitznachbar oftmals sein linkes Bein nach rechts anziehen, damit man den Hebel erreichen und die Arretierung per Knopfdruck lösen kann. Ist man jedoch alleine unterwegs profitiert man von den nun großzügigen Platzverhältnissen. Ich glaube, so sanft und kontrolliert habe ich vorher noch nie die Klappen gesetzt.

„Ganz ruhig bleiben. Alles wie immer.“

Nun kontrollierte ich alle Instrumente, alles war OK, Sinkflugrate, Geschwindigkeit, Benzinpumpe ein, Piste in Sicht… was soll schief gehen?

„Oscar Papa dreht in den Endanflug 08“

Jetzt stand sie also an: meine erste Landung, bei der ich zu 100% auf mich alleine gestellt war. Nun galt es also zu beweisen, dass meine Lehrer recht hatten.

Bis hierhin war alles ganz normal und ich merkte, dass das routineartige, checklistenbasierte Vorgehen mir Sicherheit gab. Und so machte ich dann auch weiter. Das bisschen „variabler Wind“ war mühelos auszusteuern. Kurz über dem Boden fing ich den Flieger ab und ließ in ausschweben. Sanft setzte das Hauptfahrwerk auf, dann das Bugrad. Mitten auf der Centerline. Besser hatte ich es vorher noch nie hinbekommen. Oder empfand ich das nur so?

Natürlich hatte ich keine Zeit darüber nachzudenken, denn dies war nur der erste Durchgang von dreien! Mein Fluglehrer hatte mir das noch zugerufen, bevor ich seine Tür verriegelte. „Drei Platzrunden! Dann rollst Du ab zum Hangar.“

Also schob ich – diesmal besser vorgewarnt ob der Dynamik meines „Jet-Triebwerks“ – das Gas wieder voll rein. An der Halbbahnmarkierung war der Vogel wieder in der Luft!

Was soll ich sagen… ich spulte meine zwei weiteren Runden ab und war dabei im Gegenanflug dann bereits so selbstsicher, dass ich es wagte ein Foto mit dem Telefon zu machen.

Ein bisschen ’scary‘ aber gleichzeitig auch unbeschreiblich schön – der leere Sitz meines Fluglehrers!

Nach dem Stillstand vor dem Hangar begrüßten und beglückwünschten mich meine beiden Fluglehrer und verpassten mir den obligatorischen und zeremoniellen „Klaps auf den Arsch“.

Und ich? Ich war stolz wie Bolle und hatte ein Gefühl, welches ich zuletzt bei den Geburten meiner Kinder hatte – eine Mischung aus Stolz, Erleichterung und unbeschreiblicher Freude!

Jetzt – erst jetzt, traue ich mich mir selber zu sagen, „Ich bin Pilot!“. Auch wenn ich nur Luftsportgeräteführer werden will. 😉

Dedicated to & thx to Stefan und Sigi.

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